Bei den Kartografen der Ruhr-Universität Bochum wird die räumliche Darstellung in Videospielen genau untersucht. Denn von dieser können die Wissenschaftler eine Menge für ihre Forschung lernen. Gerade in Hinblick auf VR.
Super Mario, Zelda oder Final Fantasy: Ob Erwachsene oder Kinder, in den 1990er Jahren spielten sie fast alle: Videospiele. Laufen, springen, kämpfen; das alles absolvierten die Spieler in einer virtuellen Welt, in der sie sich intuitiv oder durch kurze einleitende Sequenzen zurechtfanden. Und seitdem mit dem Nintendo 64 oder der Playstation das Gaming in Haushalte weltweit eingezogen ist, haben Super Mario und Co. unser Verständnis von digitalen Welten geprägt und verändert.
Genau dies macht sich die Arbeitsgruppe Geomatik am Institut für Geographie der Ruhr-Universität Bochum zunutze. „Weil in der Spieleindustrie viel Geld steckt, haben die Hersteller Möglichkeiten, Dinge auszuprobieren, die wir in der Wissenschaft nicht haben“, erklärt Dr. Dennis Edler, der an der Schnittstelle zwischen Computerspielen und moderner Kartografie arbeitet. Er analysiert, welche Lösungen sich Spielehersteller haben einfallen lassen, um Darstellungsprobleme zu lösen.
Edler ist davon überzeugt, dass die Spieleindustrie, die sehr viele Menschen in ihrer Freizeit begleitet und begleitet hat, nicht nur großen Einfluss auf die Digitalisierung der Kartografie hatte, sondern auch unseren Blick auf animierte Karten stark beeinflusst hat.
Die Evolution der digitalen Karte
Hierbei kann man verschiedene „Entwicklungsstadien“ unterscheiden, die das Gaming und somit auch die Kartografie geprägt haben. „Wenn man eine grobe Unterscheidung treffen möchte, dann würde ich vorschlagen zunächst nach 2-D und 3D-Darstellungen zu klassifizieren“, so Edler. Als in den 1980er und 1990er Jahren die ersten Computerspiele mit 2-D-Grafik herauskamen, wirkten diese schnell plastisch und lebendig. Denn die Spieleentwickler ließen etwas einfallen; Super Mario bewegt sich zum Beispiel im Vordergrund schneller als die Wolken im Hintergrund. Das erzeuge ein Eindruck von Tiefe.
Mit der dreidimensionalen Darstellung wie Beispielsweise in Egoshootern, kamen neue Herausforderungen für Game-Designer und Kartografen auf; denn die 2-D-Karte brachte immer ein gewisses „Überblickswissen“ mit sich. Dies löste man dann beispielsweise dadurch, dass man sogenannte Mini-Maps am Bildschirmrand eingeblendete, die Aussagen über den Standort des Spielers in der Welt enthielt.
Herausforderung für die Grundlagenforschung
„Die neueste Entwicklung für die Multimedia-Kartografie stellt die virtuelle Realität da, die wir auch heute schon immersiv durch VR-Brillen und Steuerungsmöglichkeiten nutzen können“, sagt Edler. Solche Entwicklungen seien jedes Mal eine Herausforderung für die Grundlagenforschung der Kartografie. Edler: „Kartografen müssen sich dann immer wieder aufs Neue die Frage stellen: Welche Darstellungsmöglichkeiten sind ideal, um Raumkompetenz vermitteln zu können?“
Die reale Welt nicht nur abbilden, sondern optimieren
Edler sieht in der virtuellen Realität enorme Potenziale für die Kartografie: „Durch VR wird etwas Realität, was Kartografen früher nicht für möglich gehalten hätten; man ist in der Lage, Karten 1:1 nachzubauen. Und nicht nur das; ich kann mich als Nutzer in eine „Parallelwelt“ transportieren, die ich selbst gestalten kann.“
„Durch VR wird etwas Realität, was Kartografen früher nicht für möglich gehalten hätten.“
Dr. Dennis Edler
Dadurch könne ich das ganze Feld der Navigation und Orientierung anders aufstellen. Denn die reale Welt könne nicht mehr nur abgebildet, sondern optimiert werden. Das bedeutet beispielsweise, dass bestimmte Orte oder Objekte mit zusätzlichen Informationen ausgestattet werden könnten, wie es heute schon bei vielen Augumented Reality-Projekten der Fall ist.